Femfriday mit Pia M. Barucki #coronaupdate

Heute geht es mit einem FemFriday-Interview weiter mit einer Frau, die alles eint, was ich an Frauen besonders mag. Sie ist klug, schön und fabelhaft. Nein mal ehrlich, kluge witzige Frauen gibt es zu wenig, aber Pia ist eine davon.

Pia-Micaela Barucki wurde 1990 in Berlin geboren und absolvierte bis 2014 ihr Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Theater „Felix  Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig. In den Spielzeiten 2012-2014 war sie am Schauspielstudio des Maxim Gorki Theaters in Berlin engagiert und arbeitete dort u.a. mit Antú Romero Nunes, Jan Gehler, Hannes Weiler,
Jan Neumann und Armin Petras zusammen. Zuletzt war sie an den Theatern in Chemnitz, Magdeburg und dem Berliner Ensemble engagiert, wo sie u.a. mit Jan Koslowski, Peter Kleinert, Philipp Löhle und Hakan Savaş Mican arbeitete. 
Darüber hinaus war sie in mehreren Fernseh- und Kinofilmproduktionen zu sehen, darunter „Mondscheinkinder“ (Regie: Manuela Staacke,   Publikumspreis beim Max Ophüls Preis 2006) und „Ein Teil von mir“ (Regie: Christoph Röhl, Förderpreis der DEFA-Stiftung auf dem Filmfestival Max Ophüls Preis 2009).

Zuletzt lief sie mit dem mittellangen Film MAMANAM auf dem Max-Ophüls- Filmfestival in Saarbrücken im Wettbewerb und probte für das St.Pauli Theater in Hamburg „Gefährliche Liebschaften“ in der Regie von Jürgen Flimm.

Foto: Urban Ruth


Wie kamst Du zum Beruf Schauspielerin?

Ich wollte tatsächlich schon sehr früh Schauspielerin werden. Als Kind habe ich die stundenlange Vorbereitung, wie genau man „aus Spaß“ aussieht, wie die  Biografien der Figuren und ihre Beziehungen zueinander sind und das anschließende spielen, das Verlieren in diesen Momenten, was dann meist sehr viel kürzer war, als die Vorbereitung, sehr geliebt.
Mit 9 Jahren stand ich das erste Mal mit meiner Tanzgruppe auf der Bühne und mit 12 Jahren vor der Kamera.

Und als meine Mutter mir während der Sommerferien, ich war mittlerweile 14, blickend auf die Hollywood-Hills (so war es, ich schwöre) plötzlich sagte: „Wenn du das wirklich willst, dann schaffst du das auch.“, war es beschlossene Sache. Ich wollte diesen riskanten Weg gehen und alles aufsaugen und lernen, um wirklich gut zu werden.

Dann habe ich in der Schule den Kurs „Darstellendes Spiel“  belegt und somit meine Liebe für das Theater entdeckt, was definitiv an unserer außergewöhnlich tollen Lehrerin gelegen hat, mich während des Abiturs auf Rollen für meine Vorsprechen an der Schauspielschule vorbereitet und dann von 2010-14 an der Hochschule „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig studiert.

Sind Frauen die besseren Künstler*innen?

Ich verstehe die Frage nicht, warum sollten sie? Kunst, egal ob Film oder Theater, funktioniert für mich nur auf Augenhöhe:  Wenn man bereit ist einander zuzuhören, sich sieht und zu verstehen versucht. Das ist mir sowohl bei Frauen, als auch bei Männern schon passiert.
Was ich aber anmerken muss, ist, dass ich fast ausschließlich Theaterabende und Filme von Männern gesehen und mit ihnen erarbeitet habe.
Von 35 Theaterstücken, die ich gemacht habe, haben bei drei Frauen Regie geführt, zwei davon doppelt. In 27 Filmen waren es 9 Regisseurinnen. Rein statistisch gesehen ist mir die respektvollere und intensivere Arbeit dann wohl doch öfter mit Frauen passiert.

Was hat sich für Dich durch #corona am meisten geändert?

Seit dem Sommer 2018 bin ich freiberuflich, dass heißt, dass ich die langen Phasen ohne Job oder Anfragen gut kenne und ich mit dieser Zeit meistens sehr gut zurechtkomme, ich habe es mir schließlich selbst ausgesucht.
Diesmal ist der große Unterscheid, dass zum einen die sozialen Kontakte wegfallen. Telefonate und Videokonferenzen sind ein schwacher Trost, wenn es darum geht, sich auszutauschen, zu verbinden und inspirieren.
Zum anderen ist es die fehlende Perspektive.
Es gibt normalerweise offene Anfragen, ein Casting, auf das man sich vorbereitet oder einen anstehenden Drehtag irgendwo. „Irgendwas kommt immer“ ist das ewige Mantra von Freiberufler*innen, aber gerade hilft der Glaube daran leider gar nicht, denn die Meisten von uns kämpfen um ihre Existenz, wissend, dass die Saison, die eigentlich gerade erst angefangen hatte, so gut wie vorbei ist und sie nichts verdienen werden.
Und in der Angst fällt es (mir) schwer, kreativ und hoffnungsvoll zu sein. Aber genau das ist es, was uns aber eben normalerweise über Wasser hält in diesen Phasen.

Was würdest Du Dir von einer Fee für die Corona-Krisenbewältigung wünschen?

Das bedingungslose Grundeinkommen.
Vielleicht bietet die Krise einen guten Testlauf für diese nicht neue Idee. Für mich und meine Kolleg*innen würde das ein freieres Arbeiten bedeuten, weil wir nicht mehr in der Abhängigkeit der Entscheidungsträger*innen stünden und genauso herausfinden können, ob wir mit diesem oder dieser Regisseur*in arbeiten wollen. Gerade stellt sich meistens die Frage, ob wir die Miete bezahlen können oder uns inhaltlich oder künstlerisch angesprochen fühlen und so sind wir plötzlich Dienstleister*innen, anstatt Künstleri*innen.
Natürlich ist es nicht immer ein „oder“, es gibt selbstverständlich auch diese glücklichen Momente, in denen beides funktioniert, aber sie sind bisher eher die Seltenheit und ich würde uns allen sehr wünschen, dass es mehr als das ist.

Foto: Lina Rosa Saal


Wie sieht dein Tag in der Quarantäne aus?

Es fällt mir in dieser ungewöhnlichen Zeit schwer, einem strukturieren Tagesablauf zu folgen. Das resultiert natürlich auch daraus, dass ich zur Zeit nicht drehen kann. Daher schlafe ich derzeit häufig bis 10/11 Uhr, mache dann Sport und Yoga, höre Nachrichten oder Podcasts während ich frühstücke und dann lerne ich entweder Französisch (das wollte ich schon ewig machen und na ja, was soll ich sagen, jetzt ist Zeit) oder lese ein Buch oder schaue einen Film oder eine Serie. Und das mache ich dann bis ca. 2 Uhr morgens im Wechsel.
Nach drei bis vier Tagen muss ich dann vom Sofa aufstehen und dann wage ich mich an kleine Projekte: putzen, den Balkon sommertauglich machen, telefonieren, eine Radtour machen etc.

Gibt es etwas, was Du an der derzeitigen Situation auch magst?

Nein. Definitiv nicht. Ich bin in der privilegierten Position, dass ich ein Dach über dem Kopf habe, mir (zumindest vorerst noch) Essen und die Miete leisten kann, ich keine Kinder habe, die ich betreuen muss, während ich im Homeoffice arbeite und auch keine Freund*innen oder Verwandte habe, die an Covid_19 gestorben sind. Und trotz dieser sehr privilegierten Lage kann ich daran nichts Gutes sehen. 

Beschreibe Dich in drei Worten…

Ich hab Klara gefragt, die sagt:

Brüllend-komisch

unfassbar-liebevoll

wahnsinnig-talentiert

Klara sagt, ein Bindestrich macht zwei Worte zu einem.

Was liest Du derzeit?

Ich habe vor einiger Zeit meine drei Lieblingsbuchläden im Kiez besucht, um sie zu unterstützen und habe da von einer reizenden Verkäuferin Karen Köhlers Kurzgeschichten „Wir haben Raketen geangelt“ empfohlen bekommen, worüber ich sehr glücklich bin, denn ich habe es gelesen und dieser Schatz wäre mir online sicher nicht so ans Herz gelegt worden.  Jetzt lese ich aktuell „How To Be Famous“ von Caitlin Moran und dann habe ich mich noch nicht entschieden, ob ich „Desintegriert euch“ von Max Czollek oder „Herkunft“ von Saša Stanišić lesen werde.

Was würdest Du am Theater gern sofort ändern?

Mehr Geld, Zeit, Teilhabe und Respekt. Das sind die „Ziele 3000“ des Ensemblenetzwerks und ich kann das genauso unterschreiben.

In welchen Momenten deines Jobs wärst Du lieber ein Mann?

Darüber nachzudenken stimmt mich schon traurig, weil es genau in die Kerbe stößt, dass Männer noch immer die bessere Stellung im Beruf haben. Sie werden besser bezahlt, kommen schneller an Führungspositionen, ihnen wird eher zugehört und Elternzeit liegt nach wie vor meistens bei den Arbeitnehmerinnen.
Einem Mann wird diese Frage nicht gestellt: warum sollte er auch freiwillig in einer schlechteren Ausgangsposition stehen wollen?

Wenn die Frauenquote etwas bewirkt dann…

…, dass Frauen den Raum bekommen, sich auszuprobieren, zu scheitern, zu lernen und aktiv mit zu gestalten, so wie es Männern schon seit Jahrhunderten möglich ist.

Hast Du Tipps für die Quarantäne?

Sich mit Themen, Dingen und Menschen (mit Abstand oder online) umgeben, die einem gut tun. Geduldig und liebevoll mit sich sein und um Hilfe bitten, wenn man sie braucht.
Für mich persönlich ist der Start in den Tag essenziell, ich nehme mir        immer Zeit für Bewegung und ein ausgewogenes Frühstück, danach bin ich frei im Kopf und offen für alles.

Verschwörungstheoretiker und Dauerposter auf Facebook und Instagram   blocken ist auch ziemlich hilfreich.

Wenn Ihr mehr über Pia erfahren möchtet, empfehle ich Euch vor allem ihr Instagram-Profil.

Foto: Jeanne Degraa

  

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