FemFriday mit mona lang #coronaupdate

Endlich mal wieder ein #femfriday. Endlich mal wieder was für die Seele. Ein Interview übers Lesen, eine Woche in Büchern und das Ego.
Here we go!

Mona Lang, 1987 geboren, ist Lektorin beim Verlag Kiepenheuer & Witsch und hat das immense Glück, mit Autorinnen wie Sophie Passmann, Miranda July, Sonja Heiss, Franziska Seyboldt, Nicole Seifert, Melanie Raabe, Imbolo Mbue, Alison Bechdel und vielen anderen arbeiten zu dürfen. Anders gesagt: Sie geht äußerst selten ungern zur Arbeit. Auf Instagram versucht sie verzweifelt humorig, Menschen wieder zum Lesen zu bringen. Im echten Leben sieht es eigentlich nicht anders aus. 

  1. Wie kamst Du zu deinem Beruf als Lektorin?

Eigentlich wollte ich Journalistin werden, deswegen habe ich neben meinem Studium der Germanistik und Romanistik bei einer Lokalzeitung gearbeitet. Da musste ich bald schmerzhaft lernen, dass ich damit nicht zurechtkomme, Artikel zu schreiben, die gerade mal einen Tag überdauern – da stand mir vielleicht mein Ego zu sehr im Weg. Aber das war eine gute Erkenntnis, denn so kam ich aufs Buch und die Idee, Lektorin zu werden. Ich hatte eine Stelle als studentische Hilfskraft an der Uni und habe eine Vorlesungsreihe betreut, bei der viele namhafte Autor*innen und Verleger eingeladen wurden – so erhielt ich erste Einblicke und Kontakte in die Verlagswelt und habe dann bald erste Gutachten für einen kleinen Verlag geschrieben. Danach ging es klassisch weiter: Praktikum, Volontariat, Assistenz, Lektorin.

2. Was würdest Du Berufseinsteigerinnen mit auf den Weg geben?

Show up! Die Verlagsbranche ist eher klein und funktioniert oft über Kontakte. Geht zu Lesungen, engagiert euch bei der Uni-Zeitung, fahrt zur Buchmesse, tretet den Jungen Verlagsmenschen bei, schreibt einen Blog, vernetzt euch auf Instagram. Seid einfach da. Und lest viel, klar. Und zwar Bücher, die jetzt gerade erscheinen.

Show up!

3. Sind Frauen die besseren Autor*innen?

Mich juckt es in den Fingern, einfach mit „JA!“ zu antworten, weil es nur gerecht wäre nach Hunderten von Jahren der Marginalisierung weiblichen Schreibens. Aber das wäre großer Quatsch. Ob Autor*innen „gut“ sind, hat rein nichts mit ihrem Geschlecht zu tun. Jedoch werden weniger Frauen als Männer verlegt und rezensiert – zumindest in der Literatur – das ist ein strukturelles Problem, an dem wir alle arbeiten müssen.

4. Wenn Du ein Buch einem Wochentag zuordnen müsstest, wie sähe deine Woche in Büchern aus?

Montag – „Sowas von da“ (Tino Hanekamp)
Ich neige nicht zur Montagsmüdigkeit.

Dienstag – „Alles, was ist“ (James Salter)
Alles noch offen, wenig verloren.

Mittwoch – „Der menschliche Makel“ (Philip Roth)
Ein kleines Tief sei gestattet!

Donnerstag – „Jenseits der Erwartungen“ (Richard Russo)
Powertag!

Freitag – „Brüste und Eier“ (Mieko Kawakami)
Einfach nur, weil ich das gerade lustig finde.

Samstag – „Unendlicher Spaß“ (David Foster Wallace)
Lieblingstag, weil: raue Mengen Druckerzeugnisse und Bett.

Sonntag – „Was ich euch nicht erzählte“ (Celeste Ng)
Was ich euch nicht erzähle.

Foto: Denis Pfabe

5. Gibt es etwas, was Du an der derzeitigen Situation (durch die Pandemie) auch magst?

Nein. In den ersten zwei Monaten des Arbeitens von Zuhause dachte ich wohl mal: „Schau, so sieht ein Leben ohne Terminstress, Reisen und Pendeln aus, das ist ja interessant. Wie angeknipst ich sonst bin, wie viel ich unterwegs bin!“ – jetzt wünsche ich mir nichts mehr als dieses Leben zurück. Aber ich bin sehr froh für Menschen in anderen Lebenssituationen als meiner, dass das Thema „Homeoffice“ jetzt nicht mehr negativ besetzt ist.

6. Beschreibe Dich in drei Worten.

Auf

Keinen

Fall

7. Was macht für Dich gute Literatur aus?

Das definiert sich für jede*n Leser*in anders, es gibt keine Formel, kein Rezept. Literatur erweitert im besten Fall unseren Horizont, sie macht uns empathischer (das ist bewiesen), weil wir lernen uns in Charaktere hineinzufühlen, die uns nicht ähnlich sind; sie soll uns bitte aber auch unterhalten und auf beste Weise die Zeit vertreiben. Ich selbst suche oft nach Büchern, in denen ich mich selbst (gern im Kleinsten) erkenne – da sind wir wieder bei meinem Ego. Wenn ich einen Satz lese, den ich auf mich selbst anwenden kann, aber nicht selbst hätte denken können, bin ich sehr glücklich.

Die Branche ist allerdings weiterhin sehr weiß und bildungsbürgerlich, da muss sich etwas ändern und das auch gern schnell.

8. Was würdest Du an der Literaturbranche gern sofort ändern?

Es verändert sich viel gerade, es gibt weitaus mehr Verlegerinnen, als noch vor wenigen Jahren. Die Branche ist allerdings weiterhin sehr weiß und bildungsbürgerlich, da muss sich etwas ändern und das auch gern schnell.

Ein ganz anderes Thema, aber auch da wünsche ich mir Veränderung: Lesen sollte in der Öffentlichkeit nicht zu sehr akademisiert werden – siehe: Literarisches Quartett. Lesen ist nichts für die Happy Few mit Doktortitel, es ist etwas für jede*n und es soll Spaß machen und entertainen. Ich bin also sehr für mehr Lesen im Fernsehen, aber niedrigschwellig und unterhaltsam. Was das angeht, finde ich z. B. Instagram oft viel interessanter als die klassischen Medien.

9. In welchen Momenten deines Jobs, wärst Du lieber ein Mann?

Heute wünsche ich mir das nicht mehr, aber als Praktikantin und Volontärin konnte ich beobachten, wie irre talentierte Frauen sich von Praktikum zu Praktikum, von Volo zu Volo, von Schwangerschaftsvertretung zu Schwangerschaftsvertretung gehangelt haben, bis sie nach vielen Jahren vielleicht eine Festanstellung bekamen. Und Männer? Praktikum, Volontariat, Verleger. Ich übertreibe minimal, aber wirklich nicht allzu sehr.

10. Wenn die Frauenquote etwas bewirkt dann… (bitte beende diesen Satz)
… dass mehr Gerechtigkeit herrscht. Ich bin sehr für die Frauenquote, deswegen kann ich diesen Satz nur so pathetisch beenden.

11. Dein Lieblingsbuch ist?

Eine unmögliche Frage: Ich wähle eines meiner Lieblingsbücher, Geoff Dyer „Sex in Venedig, Tod in Varanasi“, weil es darin eine sehr gute Sexszene gibt. Man muss die Feste feiern, wie sie fallen. (Herrje!)

12. Hast Du Tipps für die Quarantäne?

Ich nehme selbst gern Tipps entgegen. Ich kann nur sagen: lesen hilft. Wenn man vielleicht schon lange nicht mehr zum Buch gegriffen hat und sich ständig denkt „Ich müsste mal wieder…“, jetzt ist eine gute Zeit. Lesen entspannt (mehr als Fernsehen), bringt uns an andere Orte und in andere Zeiten und lässt uns besser schlafen. Wichtig ist, das Handy in ein anderes Zimmer zu legen, wenn man Schwierigkeiten hat, sich zu konzentrieren. Der körperliche Reflex, alle zehn Minuten aufs Handy zu sehen, muss bekämpft werden, wenn man versinken möchte. Apropos versinken: Baden ist auch eine gute Sache, kann ich aus persönlicher Erfahrung sagen.

Wenn die Frauenquote etwas bewirkt dann… dass mehr Gerechtigkeit herrscht. Ich bin sehr für die Frauenquote, deswegen kann ich diesen Satz nur so pathetisch beenden.

Wer mehr über Mona erfahren möchte, findet sie bei u.a. bei Facebook. Für Instagram gebe ich eine Folgeempfehlung ab, da Mona dort persönlich zugeschnittene Buchempfehlungen zum Selberlesen oder Verschenken gibt. Ein Muss!





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