Ein paar kritische Gedanken zum alljährlichen Vatertag, der eine aktuelle Debatte noch aktueller macht.
Laut Google ist der Vatertag ein weit verbreiteter Feiertag, der seit Ende des 19. Jahrhunderts an Christi Himmelfahrt in allen Himmelsrichtungen der Republik gefeiert wird.
In Thüringen wird er regional Männertag genannt.
Kommt daher auch die Bezeichnung „Herrengedeck“? Ich fürchte ja.
Denn dieser Brauch hat vor allem mit übermäßigen Alkoholmissbrauch und Witzen unterhalb der Schamgrenze oder auch Gürtellinie (obwohl das wohl ein und dasselbe ist) zutun. Bis ich nach Eisenach kam, war mir nicht bekannt, dass diesen Tag der völligen Verblödung und Entäußerung auch Nicht-Väter zelebrieren dürfen.
Ich war mal verliebt in einen Mann, der diesen Brauch seit Jahren und jedes Jahr in Gesellschaft seiner, damals noch Vaterfernen Freunden beging. Ich dachte schon damals, wie er dazu kommt sich dieses Recht nach Auszeit vom Vatersein zu nehmen, ohne Vater zu sein. Da ich aber nicht zur klassischen Sorte der Spaßbremsen gehöre, kommentierte ich das nicht weiter.
Mit einem Bollerwagen voll mit Alkoholika und meist gekleidet mit Motto-Tshirts (so was wie: „Frauen sind vom Mars und Männer von der Venus“) zog die verkrachte Boyband durch den fränkischen Steigerwald.
Boyband weil Hüftschwung und Krächzen dazugehörten.
Mittlerweile haben die meisten der Boyband eine Familie gegründet und dürfen sich nun ganz offiziell als Väter am Vatertag volllaufen lassen.
Trotzdem konnte ich nicht umhin mich zu fragen: Braucht es einen speziellen Tag um Vater wie Mutter zu danken oder zu gedenken?
Den Sinn von hohen und vor allem religiösen Feiertagen verstehe ich ja, weil sie religiös sind. Aber auch hier gibt es Ausnahmen, das führt jetzt zu weit.
Ist es nicht eigentlich so, dass wir uns ob Eltern oder eben die in Freiheit lebenden Pärchen, das ganze Jahr über achten und ehren sollten? Ja, ich weiß das stammt aus einem Nancy-Meyers-Film oder aus dem KIKA. Oder ist es so, dass der Männertag im Jahre 2020 ein wichtiger Beitrag ist, da die Männer beim aufkommenden Feminismus 2.0 diesen Tag noch dringender brauchen als je zu vor?
Den Weltfrauentag zelebriert die Frauen-Community nicht mit Saufspielchen oder lässt im Vollsuff ihren Bauchnabel sprechen. Nicht, dass Frauen sich nicht betrinken, sie brauchen nur keinen besonderen Tag. Eine Mutter bekommt am Muttertag ein Frühstück ans Bett und ein Strauß Rosen. Vielleicht hätte sie auch lieber eine Supersause?
Vor allem wenn man bedenkt, dass der Weltfrauentag nur aus dem Grund der fehlenden Gleichberechtigung und eher als Hilferuf einer unterdrückten Minderheit gibt, um auf Misstände hinzuweisen.
Erst wenn Männer ihre Position in der Gesellschaft neu definiert haben und es beispielsweise eine wirkliche Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt in Punkto Bezahlung gibt, beginne ich den grölenden Herren auf einer sonst für Ponyreitende Kinder bestimmte Kutsche sitzend, zu zuwinken.
Denn so wie Adolf Hitler (oder waren es doch die Amerikaner?) den Muttertag erfand, hat irgendein frustrierter Mann den Vatertag erfunden. Sich für diesen Tag auch noch einen echten Feiertag auszusuchen ist ebenso frech wie clever.
Vielleicht brauchen wir ja aber alle einen Tag Auszeit aus was auch immer wir sind oder tun. Ist es notwendiger Weise mit Alkohol im Freien zu feiern, okay. Brauchen wir dafür eine Meute unserer Freunde, okay.
Jeder hat ein Recht auf Freizeitaktivitäten ohne den Partner, ob Eltern oder nicht.
Eine meiner Freundin hat dafür den Champagner-Samstag eingeführt- allerdings feiert sie da gemeinsam mit ihrem Mann.
Ich wähle diese Tage mit oder ohne Alkohol frei. Natürlich in Absprache mit meinem Mann 😉
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