Im heutigen FemFriday-Interview beantwortet Sylvia Fritzinger meine Fragen. Sie ist Kommunikationsleiterin am Staatstheater Mainz, ist verheiratet und hat drei Kinder.
Sylvia Fritzinger, geboren 1970, absolvierte ein Übersetzerstudium in Köln und Toulouse und studierte Komparatistik, Neuere Germanistik und Skandinavistik in Bonn und Hamburg, Magisterabschluss in Bonn. Während des Studiums war sie zunächst Assistentin im Betriebsbüro, von 2000 bis 2003 dann Pressedramaturgin an den Hamburger Kammerspielen bei Ulrich Waller und Ulrich Tukur. Danach arbeitete sie als freie Redakteurin und Dramaturgin.
2004 bis 2006 leitete sie die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Thalia Theater Hamburg bei Ulrich Khuon. Von 2006 bis 2008 war sie als freie Autorin und Rezensentin tätig, bevor sie 2008 bis 2014 die Leitung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Oldenburgischen Staatstheater bei Markus Müller übernahm.
Zur Spielzeit 2014/15 wechselte sie an das Staatstheater Mainz, wo sie seitdem die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit leitet.
Wie kamst Du zu deinem heutigen Beruf?
Ich habe Literaturwissenschaften studiert. Es gab für mich immer zwei Bereiche, in denen ich arbeiten wollte – Politik oder Theater. Heute bin ich froh, dass es das Theater geworden ist. Angefangen habe ich an den Hamburger Kammerspielen als Assistentin der Intendanten Ulrich Waller und Ulrich Tukur. Als der Pressedramaturg nach Berlin ging, haben sie mir seine Stelle angeboten. Danach folgten einige freiberufliche Jahre, dann übernahm ich die Leitung der Öffentlichkeitsarbeit am Thalia Theater Hamburg, später am Oldenburgischen Staatstheater und jetzt am Staatstheater Mainz. Ich mag meinen Beruf, es ist eine schöne Aufgabe, zu kommunizieren, was wir hier tun und warum. Ich finde es für Öffentlichkeitsarbeit am Theater wichtig, grundsätzlich vom Inhalt auszugehen und die Intelligenz der Menschen nicht zu unterschätzen. Durchschaubare Marketingblasen sind deprimierend und sinnlos.
An welchen Moment deiner Karriere erinnerst Du dich besonders gut?
Da gibt es natürlich mehrere – und alle haben etwas mit faszinierenden Menschen zu tun, denen ich begegnet bin. Prägend war für mich mein erstes Gespräch mit Uli Khuon, das ein Bewerbungsgespräch sein sollte, aber sofort zu einem lebhaften inhaltlichen Austausch wurde. Es sind diese Momente, die besonders schön sind, wenn man jemanden trifft, bei dem man merkt: das passt.
Empfindest Du ein Ungleichgewicht in der Theaterbranche bei der Geschlechterbesetzung?
Ja.
Du bist Mutter von drei Kindern. Ist es heute eine größere Herausforderung Töchter großzuziehen oder Söhne?
Es ist überhaupt eine unglaubliche Herausforderung, Kinder großzuziehen. Wobei großziehen ein lustiges Wort ist, sie werden ja automatisch immer größer…
Ich finde, dass die Jungs es am Anfang nicht leicht haben, immer sind sie zu wild, zu grob, zu laut – ich habe eine große Schwäche für kleine Rotzlöffel, aber das sehen Pädagog*innen und andere Eltern auf dem Spielplatz oft sehr anders. Für Mädchen wird es später schwieriger, wenn es um das Gesamtpaket Familie-Beruf-Karriere geht. An den Grundschulen sind zu wenige Männer, je weiter es nach oben geht, gibt es zu wenige Frauen, das beschreibt die Herausforderung privat und gesellschaftlich.
Was gibt’s Du deinen Kindern mit auf den Weg bei ihrer Berufswahl?
Dass sie versuchen zu tun, was ihnen entspricht. Sich etwas zutrauen. Und sich möglichst wenig beirren lassen von Bedenkenträgern wie zum Beispiel Eltern.
Was macht Fempowerment für Dich heute aus?
Ganz ehrlich? Ich kannte das Wort gar nicht… Aber gegenseitige Unterstützung, einander Mut machen, das ist wichtig. Sich nicht untereinander wegbeißen, sondern miteinander viel erreichen. Und: Virginia Woolf lesen mit der Erkenntnis, dass „A room of one’s own“ noch lange nicht für jede erreicht ist…
In welchen Momenten deines Jobs wärst Du lieber ein Mann?
Bislang noch nie.
Wenn die Frauenquote etwas bewirkt dann… bitte beende diesen Satz.
… schlicht und einfach mehr Frauen, die da hinkommen, wo sie hingehören. Ich bin absolut für die Quote. Wir haben gelernt, dass es anders nicht geht. Leider.
Was können wir Frauen tun, damit sich die Wahrnehmung auf unser Geschlecht am Arbeitsmarkt ändert?
Zusammenhalten, deutlich sein, unbeirrbar. Aber eigentlich haben wir schon ganz schön viel getan, da müssen alle ran. An die Wahrnehmung und an die Wirklichkeit.
Beschreibe Dich in drei Worten…
Puh, schwierig. Vielleicht: Temperamentvoll, warmherzig, unordentlich.
Was liest Du derzeit?
Gretchen Dutschke „Wir hatten ein barbarisches schönes Leben“
Welches ist dein liebster Theaterstoff?
Ich liebe fast alle antiken Dramen, es gibt nichts Besseres. Sie haben eine existenzielle Wucht und große Gültigkeit.
Wer mehr über Sylvia erfahren möchte, findet sie auf der Homepage des Staatstheater Mainz oder z.B. an Premieren am Tisch der Öffentlichkeitsarbeit im dortigen Foyer.

Quelle: Staatstheater Mainz
Foto: Andreas Etter
Kommentar verfassen