Im heutigen #femfriday-Interview stelle ich Euch die Schriftstellerin Ingrid Noll vor.
Wie sie schon vor vielen Jahren selbstbestimmt und ganz im Sinne der Emanzipation als Mutter und Ehefrau noch spät zum Schreiben kam, was sie über Fempowerment denkt und was sie derzeit liest.
Ingrid Noll wurde 1935 in Shanghai geboren. 1949 flüchtete sie mit der Familie nach Deutschland. 1954 machte sie Abitur um anschließend Germanistik und Kunstgeschichte in Bonn zu studieren. 1959 folgte die Heirat, und die Geburten der drei Kinder. Jahrelang arbeitete sie in der Arztpraxis ihres Mannes.
Die erste Anfänge als Autorin waren Kindergeschichten.
1991 erschien Ingrid Nolls erster Krimi Der Hahn ist tot, inzwischen sind es fünfzehn Romane und zahlreiche Kurzgeschichten.
Ingrid Noll lebt mit ihrem Mann in Weinheim an der Bergstraße.

Wie kamen Sie zum Beruf Schriftstellerin?
Schon als Schülerin konnte ich mit einer Eins im Aufsatz die Fünf in Mathe ausgleichen und wusste, dass Schreiben für mich die Rettung bedeutet. Aber ich wagte lange nicht, von einem Beruf als Schriftstellerin zu träumen. Erst als unsere Kinder aus dem Haus waren und ich endlich ein eigenes Zimmer bekam, fand ich Zeit für kreative Experimente. Mein Mann war Arzt und ich habe 20 Jahre lang in seiner Praxis mitgeholfen, eher aus Pflichtgefühl denn aus Neigung.
An welchen Moment in ihrer Karriere erinnern Sie sich besonders gut?
Es war ein unbeschreibliches Glücksgefühl, als ich meinen ersten Roman gedruckt und in Leinen gebunden in den Händen hielt. Fast vergleichbar mit der Freude über die Geburt des ersten Kindes.
Was inspiriert Sie?
Da ich erst mit 55 Jahren mit dem professionellen Schreiben begann, konnte ich auf einen soliden Fundus an Lebenserfahrung und Menschenkenntnis zurückgreifen. Im Übrigen inspirieren mich das tägliche Leben, die Beobachtung der Umwelt und der nachwachsenden Generationen, vor allem auch die eigenen Enkelkinder. Wenn ich gerade mitten in einer fiktiven Geschichte stecke, bin ich zudem wie ein Schwamm, der alles um sich herum aufsaugt.
Empfinden Sie ein Ungleichgewicht in der Literaturszene, was die Geschlechterbesetzung angeht?
Von der Krimiszene kann ich das eigentlich nicht sagen. Die Rollen sind allerdings ein wenig verteilt: brutale Stories meiner männlichen Kollegen werden wahrscheinlich lieber von Männern gelesen, die eher psychologischen und weniger bluttriefenden (wie meine Bücher) eher von Frauen.

Was verstehen Sie unter dem Begriff Fempowerment heute?
Eine wichtige Initiative zur Stärkung der Frauenrechte.
In welchen Momenten ihres Jobs, wären Sie lieber ein Mann?
Überhaupt noch nie.
Wenn die Frauenquote etwas bewirkt dann… bitte beenden Sie diesen Satz!
Dann wird hoffentlich bewiesen, dass Frauen ihren Job hervorragend meistern können und die Quote gar nicht nötig war.
Sie sind Mutter von drei Kindern. Was haben Sie ihnen für ihre Berufswahl mit auf den Weg gegeben?
Auf keinen Fall aus rein materiellen Gründen einen Beruf wählen, der für lebenslange Langweile sorgt.
Wie lief es bei Ihnen mit der Vereinbarkeit von Familie und ihrem Beruf als Schriftstellerin?
Das klappte bei mir ja erst, als die Kinder selbständig waren. Aber auch jetzt, wo es um die Großfamilie mit vier Enkelkindern geht, muss ich mich irgendwie organisieren, damit weder ich noch die mir so wichtigen Beziehungen zu kurz kommen.

Beschreiben Sie sich in drei Worten…
Alt, pragmatisch und immer noch neugierig.
Wie wichtig ist für Sie Humor beim Schreiben?
Humor ist nicht nur fürs Schreiben lebensnotwendig, sonst würde ich verzweifeln.
Was lesen Sie zu Zeit?
Daniela Krien: „Die Liebe im Ernstfall“

Fotos: Diogenes Verlag
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