Immer freitags gibt es ein Portrait über eine starke Frau. Eine Frau in der Kunst. Heute ist es Susanne Petridis, die meine Fragen beantwortet.
Susanne Petridis ist die Inhaberin von der Marketingagentur die.mARkTfrau -Eigenart wird Marke.
Geboren in Heidelberg, studierte sie Gesang an der Folkwang Universität der Künste sowie an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Von 1989 – 2009 war sie unter dem Namen „Susanne Reinhard“ als lyrischer Mezzosopran im In- und Ausland bekannt.
2010-2013 absolvierte Susanne den berufsbegleitenden Masterstudiengang Kulturmanagement am EMAA-Institut der Universität Zürich. In der Spielzeit 2011-2012 war sie als Interimsleitung der Abteilung Marketing der Oper Köln verantwortlich.
Das war der Startschuss für die Spezialisierung auf das Thema Markenentwicklung im Theaterbereich.
Zur Ergänzung ihrer Kompetenzen machte sie eine Ausbildung zur Kommunikationstrainerin im Bereich Unternehmenskultur, um dann als designierte Leiterin der Marketingabteilung an das Theater Trier zu gehen. Dort war sie maßgeblich für die Neugestaltung eines werbewirksamen Außenauftritts des Theaters verantwortlich. Scheinbar war das Konzept zu innovativ, denn es wurde 2016 von der Stadt und der neuen Theaterleitung nach kurzer Lebensdauer verworfen.
Das Unternehmen die.mARkTfrau – Eigenart wird Marke, spezialisiert auf die Entwicklung von Künstlermarken wurde 2016 gegründet.
Mit einem Team von hochkarätigen Grafik- und Webdesigner stellt das Unternehmen digitale Selbstporträts von Künstlern her, die sich fern ab von Superlativen, Stargehabe und Hochglanzeinerlei bewegen.
Hier kommen meine #femfriday-Fragen und Susannes Antworten:
Wie kamst Du zu deinem heutigen Beruf?
Schon zu den Zeiten, als ich noch als Opernsängerin am Theater tätig war, habe ich mich für Optimierungsmöglichkeiten in der Theaterverwaltung und -finanzierung interessiert. Mit Anfang 40 verabschiedete ich mich nach 20 Jahren solistischer Tätigkeit von der Bühne und begann ein Studium an der Universität Zürich zum „Executiv Master of Arts Administration“.
Mein Themenschwerpunkt war, meinem besonderen Interesse folgend, „Markenmanagement am Theater“. Parallel zum Studium und auch nachdem ich es erfolgreich abgeschlossen hatte, war ich in verschiedenen Marketingabteilungen diverser Theater als Praktikantin, Referentin und Leiterin tätig (u.a.an der Oper Köln, am Theater an der Rott und am Theater Trier). Dort und an vielen anderen Theatern machte ich die Erfahrung, dass
1. zu selten wirklich fundierte Marketingkompetenzen vorhanden sind und die Marketingabteilungen häufig nur als Dienstleister der Intendanten und der Dramaturgen fungieren.
2. dass betriebswirtschaftliches Marketing nicht 1: 1 auf Kulturinstitutionen zu übertragen ist und innovative Konzeptentwicklungen fehlen sowie
3. gewünschte Veränderungen und Innovationen schwer bis gar nicht umzusetzen sind.
Mein Markenentwicklungskonzept für Theater „Internal Cohesion Culturebranding“ wie auch mein „EigenARTkonzept“ für Künstler legen den Schwerpunkt auf (interne) Beziehungskommunikation. Ziel ist die Generierung von wertschätzender Aufmerksamkeit für Künstler und/oder Kunst durch Sichtbarmachung künstlerischer
Authentizität. Es geht um intrinsische Motivation und ganz wichtig um Profilierung und Differenzierung und somit um Vielfältigkeit. Daraus resultieren individuelle Kommunikationsformen von künstlerischen Persönlichkeiten und/oder Kulturinstitutionen mit den definierten Zielgruppen. Meine Konzepte sind entspringen der Überzeugung, dass Marketing in den Darstellenden Künsten ohne Kommerzialisierung möglich ist.
2016 beschloss ich mich mit „die.mARkTfrau“ selbstständig zu machen und dieses sehr eigene Konzept von Kulturmarketing an den Künstler zu bringen. Das war, wie sich herausstellt, eine gute Idee.
Was würdest Du an der Theaterbranche gern ändern?
- Den autokratischen und häufig autodidaktischen Führungsstil innerhalb der Leitungsebene vieler Theater.
- Die Subventionsabhängigkeit. Und der Fokus liegt hier auf „Abhängigkeit“. Das gebunden sein der Kulturinstitutionen an staatliche Finanzmittel ist meines Erachtens nicht immer nur förderlich für die Kunstfreiheit.
- Theatermarketing neu denken = Differenzierungsprofile erstellen, emotionale Geschichten erzählen, professionelles Social Media Marketing etablieren, starke Strategien und konsequente Durchführung.
Was vermisst Du am Sängerinnenberuf?
Ich hatte mich wirklich ausgesungen und ausgespielt. Alles ist gut so.
Empfindest Du ein Ungleichgewicht am Theater was die Geschlechterbesetzung angeht?
Bedauerlicherweise hat das mit meinen Empfindungen wenig zu tun. Es ist eine Tatsache, dass in Theater und Kulturinstitutionen auf allen Führungsebenen wie Intendanz, Direktion, Regie und musikalischer Leitung, Frauen deutlich unterrepräsentiert sind.
Sind Frauen die besseren Künstler*innen?
In der Kunst, wie auch überall sonst gibt es meiner Meinung nach keine Pauschalantworten.
Was macht für dich Fempowerment (heute) aus?
In erster Linie macht mir dieses anglizistische Wortkonstrukt etwas aus. 😉
Die Kraft eines guten Führungsstils, egal ob fraulich oder männlich, zeigt sich für mich in einer selbstverständlichen, unaufgeregten, autonomen, selbstbewussten, authentischen, der Sache dienenden, uneitlen, großzügigen, selbtreflektiven, philantropischen Lebenseinstellung.
In welchen Momenten deines Jobs wärst Du lieber ein Mann?
In keinem.
Wenn die Frauenquote etwas bewirkt dann…
ist das schön. Aber ich glaube nicht daran, dass die Frauenquote allein den wünschenswerten kulturellen und gesellschaftlichen Wandel voranbringen wird. Welche neuen Konzepte für die Vereinbarkeit von Karriere und Familienplanung für Frauen sind durch die Quote entstanden?
Ich würde es sehr begrüßen, wenn es einer Mutter von 2 kleinen Kindern selbstverständlich möglich wäre dem Vorstand eines der 160 größten börsennotierten Unternehmen vorzustehen. Dafür braucht frau aber Unabhängigkeit, Zeit, Geld und Risikobereitschaft. Da nützt uns auch die Quote nix.
Was können wir Frauen tun, damit sich die Wahrnehmung auf unser Geschlecht am Arbeitsmarkt ändert?
Aufhören uns über die Wahrnehmung von außen Gedanken zu machen. Nicht klagen, nicht sich selbst bemitleiden, nicht be-schweren. Damit manifestieren wir nur immer wieder unsere Situation. Stattdessen: machen, scheitern, miteinander reden, stürzen, wachsen, Krone richten, Neues probieren, kreieren, initiieren, noch mal machen, gestalten. Veränderungen nicht nur immer von anderen erwarten, sondern erstmal bei uns selbst beginnen. Ein sehr interessantes Symposium zu diesem Thema findet am ersten Novemberwochenende im Schauspiel Düsseldorf Central statt: „Wonderlands – Führungspositionen in den Performing Arts“. Initiiert vom Frauenkulturbüro NRW. Hingehen, würde ich sagen.
Ein Satz zur Meetoo-Debatte!?
Diese Debatte ist sehr wichtig und gleichzeitig sehr gefährlich, weil sie ein Schwarz-Weiß-Opfer-Täter-Denken fördert, welches der Komplexität von Missbrauchsfällen, ganz besonders in den Darstellenden Künsten, meiner Ansicht nach nicht immer ganz gerecht wird. Ohne Zweifel, diese Debatte macht viel Unrecht sichtbar, aber sie führt gleichzeitig Menschen wie einen Benny Fredriksson in den Selbstmord. Ich wünsche mir noch mehr Umsichtigkeit und Achtsamkeit in dieser Debatte.
Beschreibe Dich in drei Worten.
Ich bin frei.
Was liest Du derzeit?
Auf meinem Nachttisch liegen „Resonanz – eine Soziologie der Weltbeziehung“ von Hartmut Rosa, „Innovation – Streitschrift über barrierefreies Denken“ von Wolf Lotter und das neue Buch von Robert Habeck „Wer wir sein könnten“.
Ihr findet Susanne und ihre Agentur auf Facebook und Instagram und ab Dezember 2018 auch unter www.die-marktfrau.com.
Foto: Richard Byrdy