Betreust du noch oder arbeitest du schon?

Am heutigen MAMA-MITTWOCH gibts eine etwas aktualisierte Kolumne aus dem Herbst 2017. Ein Jahr her und immer noch so aktuell. Denn gewisse Dinge ändern sich eben nicht. Leider.

Beschreibe dich in drei Worten, heißt es im Who-Is-Who-Interview meines ersten Blogs Zauber von Ost.com. Eine der passensten Antworten einer Mama-Bloggerin, bei der nun gleich jede Mutter schmunzeln wird, war: „Mama komm mal!“

Am vergangenen Familienwochenende, wurde mir mal wieder bewusst, wie häufig ich aufgefordert werde irgendetwas anzuschauen, zu beklatschen und zu schlichten. Die ständige Aufmerksamkeit, in Zeiten von ständiger Ablenkung, ist ein wahres Gut.

Je älter die Kinder werden und je wortgewandter umso größer wird der kommunikative Teil. Klar verschwinden sie immer öfter im eigenen Zimmer, malen und basteln oder klettern im Wald auf Bäume. Und doch konnte ich nicht umhin mich zu fragen, ob wir noch mehr im Einsatz sind, die Welt zu erklären als vor zwei Jahren?

Nun stehen die Herbstferien vor der Tür und ich frage mich: „Sind die großen Ferien nicht grad erst rum?“ Und nein, natürlich ist dem nicht so und trotzdem habe ich das Gefühl eigentlich vor kurzem erst die Betreuungsfreien-Tage mit den Kids zu gestalten.

Da ich ja selbstständig, also freischaffend arbeite, kann ich auch mal abends den Laptop aufklappen, so wie gestern. Ich arbeite gern und auch gern viel. Ich liebe das was ich tue. Meine Arbeit ist kreativ, aktuell und vielseitig. Es ist Arbeit, die ich mit großer Begeisterung und Elan tue, Arbeit, die ich selbst gestalte und einteile. Doch wie man es dreht und wendet, arbeiten muss ich eben doch.

Eine Woche in den Herbstferien gibt’s Ferienprogramm im Hort und die andere müssen wir irgendwie jonglieren. Papa und Mama geben sich die Klinke in die Hand, der eine arbeitet früh, der andere spät,  einmal muss Oma ran oder eben eine Freundin, die selbst Kinder hat und, ja hehe, Lehrerin ist.

Aber auch die Gestaltung dieser Tage macht mich schon nachdenklich. Warum muss es gleich der Ausflug in den riesen Zoo der Nachbarstadt sein oder das megatolle Erlebnisschwimmbad?

Reicht es heute nicht mehr mit der eigenen Mutter zu Hause zu bleiben, einkaufen und spazieren zu gehen? Alles muss ein Event werden. „Mama guck ma, ich kann das besser!“ Wer hat meinen Kindern gesagt, sie müssen immer besser und schneller und größer sein? Im Zweifel ich.
Ich konnte nicht umhin mich zu fragen wie es wohl bei mir war. Ich erinnere mich an die großen Ferien im Garten meiner Großmutter und an ein paar Urlaube in Italien. An die Herbstferien habe ich keine Erinnerungen.

Was schließe ich daraus? Meinen Kindern diesen Spaß vorenthalten um sie auf die Grundbedürfnisse zu lenken? Gelingt das? Oder sind sie nur einmal Kind und haben das verdient?
Plötzlich sehe ich mich zwei Ferienprogramme buchen. Mehrere Hundert Euro dafür kalkulieren. Die Industrie hat begriffen, dass Eltern die richtigen Kunden sind, die man ausnehmen kann wie Weihachtsgänse. Nichts ist zu teuer, nichts wird den Kindern vorenthalten, nichts an Bildung ist zu viel oder überflüssig. So fahre ich also eine Woche lang in die unterschiedlichsten Richtungen der Stadt um die eine Tochter beim Filmemacher-Kurs für Fünfjährige (wenn ich das so tippe, klingt es irrsinnig dämlich) und die andere zur Naturforscher-Woche in den nahegelegenen Forst bringen.
Um dann wieder am Schreibtisch zu sitzen, Texte, Strategien und Ideen umzuetzen obwohl doch eigentlich Familienzeit sein sollte. Oder ist dieser Gedanke übertrieben?
Übertrieben weil wir doch gerade ausgiebig Urlaub gemacht und die Ferien lang waren.
Die Angst, dass das Programm zu Hause zu sein, zu lesen, zu backen und im Garten zu arbeiten, nicht ausreicht ist groß. Können wir das leisten?

Und wenn man dann hört: „Immer musst Du arbeiten Mama!“ bekomme ich kein schlechtes Gewissen, sondern frage mich, ob das Bild der arbeitenden Mutter immer noch ein fremdes ist?
Warum fragen meine Töchter, die damit großwerden, dass ich arbeite (ich habe bei Greta ein Jahr Elternzeit, bei Sophie nur wenige Wochen genommen), noch immer dieselbe Frage? Weil zu viele Mütter um sie herum nicht arbeiten und ein eigentlich veraltetes Rollenbild bestätigen?
Sophies bester Freund zum Beispiel ist da nicht der „falsche Einfluss“. Seine Mama arbeitet Vollzeit und der Papa hat zwei Jahre Elternzeit genommen.
Gebe ich dieser Frage zuviel Gewicht? Ist es schlicht ein Wunsch nach Freizeit mit mir?
Fragen sie das ihren Vater ebenso?
Leider konnte ich nicht umhin mich genau das zu fragen. Denn nichts an der Gleichberechtigung oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist heute selbtverständlich, obwohl wir uns im Jahre 2018 befinden.

Entscheidend ist für mich aber was ich meinen Töchtern antworte wenn sie mich fragen, warum ich arbeite: „Arbeit macht glücklich und unabhängig. Und später wirst Du mir dankbar sein, dass ich arbeiten gegangen bin. Das verstehst du irgendwann!“
Denn ähnlich wie die Frauenquote, die langfristig auf die Konten aller Frauen (z.B. die meiner Töchter) einzahlt, ist die persönliche Sozialisation entscheidend. Kinder von arbeitenden Müttern bekommen etwas vorgelebt, dass sie annektieren und somit besser imitieren können.
Und sind wir mal ehrlich, vieles was wir tun, spiegelt sich im Verhalten unserer Kinder wider.
Ich versuche deshalb ein Vorbild zu sein- eine arbeitende, aufgeklärte Mutter sein, die alles unter einen Hut bekommt. Dabei bin ich sexy, witzig, sportlich, kreativ und kann auch noch herausragend kochen. Die eierlegende Wollmilchsau. Kein Thema heutzutage.
NICHT.
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