Wolfram und ich!

Am 16. März fand im Parktheater Bensheim der Akademieabend am Vorabend des Festakts zur Verleihung des Gertrud-Eysoldt-Rings statt.
Wie jedes Jahr ist das Programm qualitativ hochwertig und hochkarätig besetzt. Dieses Jahr las der Schauspieler und Eysoldt-Ringträger Wolfram Koch seine Lieblingstexte von Edgar Allan Poe.

Lieber Wolfram Koch, wie kam es zu dieser Lesung und wie kamen Sie auf Edgar Allan Poe?

Ich wurde gefragt ob ich Lust habe hier am Akademieabend zu lesen. Da ich Sophie schon lange kenne und mich sehr freue, dass sie diese Auszeichnung erhält, habe ich zugesagt.

Zuerst hab ich einen Monolog von Einar Schleef, den ich gern und öfters spiele, vorgeschlagen, aber dies erschien für das Programm etwas zu speziell.

Und dann kam mir die Idee, für Sophie Rois einen merkwürdigen Abend zu machen, von diesem merkwürdigen Autor, der mit Geistern redet, der Liebesgedichte und Geschichten von Geistern, geschrieben hat und sprachlich so fantastisch ist. So kam ich gemeinsam mit Herrn Drescher (Präsident der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste) auf Edgar Allan Poe.

Ist einer der Texte besonders wichtig für Sie?

Ich finde den Raben fantastisch. Vor allem auf Englisch aber auch die deutsche Übersetzung ist relativ gut. Diese merkwürdige Stimmung, wenn ein Rabe ans Fenster klopft und was man da alles reinprojiziert und sogar das Krächzen als Sprache annimmt, finde ich schon in der Sprachform – das Gedicht ist total strukturiert – absolut außergewöhnlich.

Passend zur Epoche: Sind Sie ein Romantiker?

Ja, ich bin immer ein Romantiker! (lacht)

Sie sagten, Sie machen gern Lesungen. Was genau ist das tolle daran und warum macht die Arbeit mit der Stimme so Spaß?

 Ich mache mit meiner Stimme viel Zeug. Ich mache z.B. viel Hörspiele und Hörbücher, was viel Arbeit ist, aber sehr viel Spaß macht.
Bei Lesungen, die man zwar vorbereitet, gibt es aber dennoch den einen Moment der Überraschung, nämlich der Moment der zwischen Zuschauer und mir entsteht. Ich nehme mir dabei gar nicht zuviel vor, wie der Text rüber kommen soll, da ich es so spannend finde, was der Text mit einem selber macht.

Ich weiß, dass die Texte unterschiedliche Farben oder Stimmungen haben sollen, der eine ist komödiantisch, der andere ist eher so, dass man in seine Hirnwendung taucht und der Rest entsteht spontan mit den Zuschauern.
Und das finde ich am spannendsten, die kleine Restsekunde zwischen mir und den Leuten.
Es geht gar nicht so sehr darum, wie ich meine Stimme moduliere oder einsetze.
Sprache und Lesung sind im Grunde der reine Gedanke, wie man versucht die Sprachform an den Zuschauer zu vermitteln.
Darin bin ich völlig subjektiv, ein anderer Schauspieler würde morgen eine komplett andere Poe-Lesung machen. Und ich wahrscheinlich auch.

Ich habe auch ein paar sehr analytische aber auch komische Texte von Poe vorgetragen, wo er uns in seine Trickkiste schauen lässt, wie er so arbeitet und sich lustig macht über sich selbst. Beinahe hätte das weltberühmte Gedicht, der Papagei und nicht der Rabe geheißen, erfahren wir durch einen dieser Texte. Und das fand ich doch sehr komisch.

Früher lebten Sie im Zug und aus dem Koffer.
Wie ist es für Sie nun in Frankfurt zu leben, Theater zu spielen und zu drehen?

Ich sitze tatsächlich immer noch sehr viel im Zug. Ich lebe seit 1991 in Frankfurt und nicht erst seit dem Tatort, aber es hat sich positiv ergeben jetzt auch noch in Frankfurt zu arbeiten- meine Frau und meine Kinder freut das sehr.
Richard III kam durch meinen Freund Jan Bosse, der gefragt hat ob wir die Eröffnung zusammen machen wollen und ich hab geantwortet: „Mit dir immer, egal was!“
Ich habe eine Bande von Regisseuren, mit denen arbeite ich fast blind. Das ist meine Gang.
Die schlagen dann ein Stück vor und ich mache mit. Deshalb habe ich auch keine Traumrolle- das hat mit der Gang zutun und nicht zwingend z.B. mit der Rolle Richard III. Ich hatte dann natürlich nichts gegen Richard III und dachte: „Ja, lass es versuchen“.

Ja, und deshalb fahre ich etwas weniger Zug aber ich möchte Berlin natürlich nicht missen. Dort habe ich über 15 Jahre an der Volksbühne und am Deutschen Theater gespielt und das mache ich weiter.

Ihr Richard III ist ein riesiger Erfolg. Wie geht es für Sie dadurch am Schauspielhaus Frankfurt weiter?

Klar, Anselm Weber möchte, dass ich wieder bei ihm spiele. Wir sind im Gespräch für einige Optionen.
Und auch wenn ich mir jetzt widerspreche, ich bin etwas gespalten und vorsichtig, denn ich bin seit 20 Jahren Gast an verschiedenen Theatern. Das heißt, ich gehöre nicht dem festen Ensemble an. Wenn man mir eine Rolle anbietet, fällt die für einen Kollegen aus dem Ensemble weg und das nährt natürlich keine gute Stimmung. Aber gerade die Frankfurter Truppe ist sehr freundlich mit mir und wollen dass ich wieder komme. Was aber feststeht, ist dass ich auf jeden Fall mit Jan Bosse im Jahr 2020 eine Premiere in Frankfurt haben werde.

Für alle Fernsehfans muss ich jetzt nach ihrem Tatortkommissar fragen: Sind Sie gern Paul Brix und wie viel hat er mit Ihnen gemeinsam?

Vorweg: Das Tolle am Frankfurter Tatort ist die Redaktion, die letzte mutige Bastion im deutschen Fernsehen. Das sind die Redakteure Liane Jessen und Jörg Himstedt, mit denen ich noch weitere Filme gemacht habe. Ich habe ein Bankerdrama gemacht, Dead Man Working, in dem ein Banker vom Dach springt. Ich habe im Tukur-Krimi mitgespielt, der das Thema Film im Film bearbeitet hat, was ich wahnsinnig spannend und komisch fand.
Und die beiden haben sich getraut einen Tatort als Horrorfilm zu produzieren, was mir sehr gefiel. Die eingeschworene Tatortgemeinde allerdings, hat uns dafür gehasst. So was spaltet. Aber ich finde Spalten prima. (lächelt)

Ich durfte im Tukur-Tatort einen dämlichen, blöden Schauspieler, ein totales Arschloch spielen, der nur angibt und sich wahnsinnig toll vorkommt, was sehr viel Spaß gemacht hat. Viele, auch Filmkollegen, haben nicht verstanden, dass wir uns selbst auf die Schippe nehmen. Ich fand das großartig.

Die Frankfurter Kommissare Brix und Janneke sollen erstmal ziemlich normal rüber kommen und das, was wir uns gemeinsam mit der Redaktion überlegt haben, können wir dann stoßweise in die Landschaft schießen. Ich wollte dass Paul Brix nicht zu fassen ist, ich wollte, dass der ein Geheimnis behält, ich wollte, dass die Leute sagen: „Was ist das denn für einer?“

Die privaten Kurven wollte ich nicht zu früh erklären. Es kann sein, dass in den nächsten Fällen eine Paul-Brix-Explosion passiert, vielleicht wird er wieder kriminell. Darauf liegt aber erstmal kein Fokus. Der Fall sollte spannender sein als die Neurosen der Ermittler.

Kommen wir zu unseren Fragen, die wir allen unseren Mitwirkenden der Woche Junger Schauspieler gestellt haben:

Theater ist für mich…
Familie!

Schauspieler sind…
Volldeppen!

Wir brauchen künstlerische Formen mehr denn je weil…?
Weil wir mehr denn je künstlerische Formen brauchen.





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